Wie bauen, wohnen und leben wir in Zukunft? – Ideen und Fakten der Zukunftsbranche Holz
Der Klimawandel ist präsenter denn je und wenn man die Ursachen betrachtet, spielt interessanterweise Bauen eine relativ große Rolle. Laut einem Bericht der UNO liegt die Bau- und Gebäudewirtschaft beim Treibhausgas-Ausstoß auf Rekordniveau, nämlich bei 38 % der globalen CO2-Emissionen.
Beim „FORUM HOLZBAU“ in Berlin traf sich die Zukunftsbranche Holz und befeuerte sich gegenseitig mit Ideen und Fakten, wie Holzbau aus der Misere heraushelfen könnte. Denn ohne den Beitrag von Holz werden wir den Klimawandel nicht in den Griff bekommen, bzw. die 1,5- bis 2-Grad-Grenze zu schaffen.
Holzbau als Klimaretter: das Projekt „Bauhaus der Erde“
So verkündete Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdamer Institut für Klimaforschung „das Ende des konventionellen Bauens“. Seiner Meinung nach belegt die Wissenschaft, dass die althergebrachte konventionelle Massivbauweise keine Bestandsberechtigung mehr hat.
Aber schauen wir uns die Zahlen doch einmal an: Für ein konventionell neu gebautes massives Einfamilienhaus mit ca. .150 m² Wohnfläche schlagen ca. 8-30 kg Kohlendioxid-Emissionen pro Quadratmeter und Jahr zu Buche, bei 60 Jahren Nutzungszeitraum.
Die Herstellung von Beton, oder genauer dessen Bestandteil Zement sowie die dafür notwendige Energie ist für ca. 8% der weltweiten Emissionen verantwortlich. Im Vergleich dazu beträgt der CO2-Ausstoß beim Flugverkehr „nur“ ca. 2,5 % der weltweiten CO2-Emissionen.
Klimaforscher Schellnhuber plädiert für Holz statt Beton. Sein internationales Non-profit-Projekt „Bauhaus der Erde“, vor: „Beim Bauhaus der Erde geht es quasi um den Elefanten im Klimaraum. Nämlich um die Tatsache, dass die gebaute Umwelt für mehr als 40 % der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Aber die Frage ist: Können wir das ändern? Die Antwort ist ganz klar – JA“. Verbautes Holz würde dem natürlichen Kohlenstoffkreislauf sogar Kohlenstoff entziehen und damit CO2 entziehen. Ob diese Rechnung praktikabel ist, wird von den Fachleuten noch diskutiert, aber es wäre ein Anfang.
Klimaforscher Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber: „Massivbauweise hat keine Bestandsberechtigung mehr.“
Wie verändert „grüne Politik“ die Bauentwicklung bis 2025?
Martin Langen von B+L Marktdaten, Bonn, sieht die Neubau- und Sanierungskosten unter neuen Vorzeichen. Schätzungsweise fallen 5 bis 10 des Gesamtenergieverbrauchs in der EU auf die Herstellung von Bauprodukten. Laut dena-Gebäudereport 2021 sind in deutschem Gebäudebestand rund 15 Millionen Tonnen Material verbaut. Das Wiederverwendungspotenzial liegt derzeit bei 7 %, könnte aber bis 2050 auf 20 % angehoben werden.
Wie kann das Denken und Handeln in Bezug auf nachhaltiges, umweltfreundliches und ressourcenschonendes Bauen noch beschleunigt werden?
Nach wie vor findet die Vergesellschaftung der Folgekosten statt. Die beschlossene CO2-Einpreisung kann da nur ein erster Schritt sein.
Umweltfreundliche Kapitalanlagen werden nach Langens Meinung im Rahmen der ESG (Environment, Social, Governance Anlagekriterien) sehr schnell eine immer größere Rolle spielen. Green Finance als Schlüssel zur Energie- und Wärmewende!?
Auch die von der EU beschlossenen Vorgaben zur Taxonomie werden nachhaltige Investitionen in die Akzeptanzzone befördern.
Mehr zu Taxonomie in unserem Blogbeitrag Nachhaltigkeit – Wie aus dem Nice-to-have ein Wirtschaftsfaktor wird …
Der Stand von Haas Fertighaus weckte großes Interesse beim Forum Holzbau des 2. Deutschen Holzbau Kongresses (DHK) im August 2021 in Berlin.
Graue Energie: Wie sich durch Sanierung 70% CO2 einsparen lassen
Ein weiterer Aspekt ist die graue Energie, also der nicht-erneuerbare Energieaufwand, der für Herstellung, Transport, Lagerung und Rückbau sowie Entsorgung der beim Bau eingesetzten Materialien benötigt wird. Bei typischen Neubauten beträgt der Anteil an grauen oder verbauten Emissionen zwischen 10 und 16 kg CO2 pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr. Insofern muss man genau abwägen, ob es immer Abriss und Neubau sein müssen, oder ob man mit Entkernen und Sanierung nicht besser fährt.
So geschehen bei Karstadt am Hermannplatz in Berlin. Das Gebäude wird entkernt und das Stahlbeton-Rohbauskelett saniert. Aufgestockt wird in Holzbauweise. Star-Architekt David Chipperfield wird die identitätsstiftende Architektur des Gebäudes neu interpretieren.
Der Spareffekt der Neugestaltung ohne Abriss: 70 % weniger CO2-Emission in der Bauphase im Vergleich zu konventionellem Stahlbeton-Neubau, 60 % weniger Baustellenverkehr, deutliche Reduktion von Baulärm und Staubentwicklung durch Re-Use-Fassade, keine Abriss- und Erdarbeiten nötig.
Unter diesen Gesichtspunkten liegt in Gebäuden, die vor 1979 gebaut wurden – und das sind gut ein Drittel aller Wohnungen –, ein erhebliches Einsparpotenzial in Sachen CO2. Fördergelder müssen auch dort zielgenau eingesetzt werden.
Abreißen oder sanieren? Dazu werden wir bei Burchardt Immobilien oft befragt. Diese Frage kann man nur beantworten, wenn die „graue Energie“ in der Öko- und Klimabetrachtung nicht außer Acht gelassen wird. Das alles wird jedoch zunichte gemacht, wenn die stetig wachsenden Ansprüche an die Größe des Wohnraumes nicht gestoppt werden. Denken wir Grundrisse doch flexibler, eröffnen wir die Renaissance des halben Zimmers als Multifunktionsraum.
WOODIE: Wohnungen am laufenden Meter
Wie man sehr schnell Wohnungen baut, zeigte Jürgen Bartenschlag von Sauerbruch Hutton Architekten aus Berlin. Mit „Woodie“, dem Wohnheim für Studierende in Hamburg setzte das Berliner Architekturbüro neue Maßstäbe in Sachen Holzbau – und erhielt dafür zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Deutschen Holzbaupreis 2019 in der Kategorie Neubau. In kürzester Planung- und Bauzeit entstanden 371 Micro-Apartments aus vorgefertigten Holz-Modulen, die sich großer Beliebtheit erfreuen.
ROOTS: Holzelementfassaden als Gebäudehülle
Dass Holzhäuser auch hoch sein können zeigt Oliver Fried von Rubner Holzbau mit „Roots“. Mit 65 Metern ragt Deutschlands höchstes Holzhochhaus über Hamburgs Elbbrückenquartier in der östlichen HafenCity. Es hat 128 Wohnungen auf 19 Geschossen mit Ausblick in das Hafenbecken von Hamburg. Außerdem besonders: Sowohl die tragenden Bauteile als auch die Gebäudehülle bestehen aus Holz – HIGH-END-Architektur aus Holz.
„Roots“, das mit 65 Metern höchstes Holzhochhaus Deutschlands steht in Hamburg.
Heilbronn – eine Stadt entwirft sich neu
Die württembergische Stadt Heilbronn investiert mit Nachdruck in ihre städtebauliche und bildungspolitische Zukunft. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit stellt die Bundesgartenschau 2019 ein komplettes Stadtentwicklungsprojekt vor und es wird/wurde fleißig gebaut. Strategie, Konzept, Nachhaltigkeitssiegel, unterschiedlichste Bauweisen sind absolut beeindruckend. Kein Wunder, dass dort Deutschlands erstes Holz-Hybrid-Hochhaus, das „Skaio“ von Kaden+Lager, steht, und ein Stampflehmgebäude gibt es auch.
Es gab dazu bereits eine interessante Ausstellung im Aedes in Berlin: https://www.aedes-arc.de/cms/aedes/de/programm?id=18545927
Prinz-Eugen-Park – fantastische Potenziale im Holzbau
Deutschlands größte Holzbau-Siedlung entsteht derzeit in München: der Prinz-Eugen-Park. In diesem „ökologischen Musterquartier“ werden unterschiedlichste Wohnbedürfnisse und Kontostände berücksichtigt. Ja, auch sozialer Wohnungsbau mit Holz ist möglich. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet und ausgewertet.
Es lohnt sich sehr durch dieses komplett mit Holz gebaute Quartier beim nächsten Besuch in München zu bummeln, zumal der englische Garten und die Isar nicht weit sind.
Beim „FORUM HOLZBAU“ fühlte ich mich jedenfalls wieder rundum bestätigt:
- Holz ist der Baustoff der Zukunft – ohne den Beitrag von Holz kriegen wir den Klimawandel nicht aufgehalten oder verlangsamt
- Holz kann mehr, als man ahnt
- Eine neue (Bau)Zeit bricht an – und wir von Burchardt sind dabei!: www.hauptstadtprofi.de/holzbau
Bringen wir den Stein ins Rollen und arbeiten an der Zukunft unserer Kinder!