Ein Tag aus dem Leben einer „Frau am Bau“
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und eigentlich wollte ich mich nie wieder dem Jahresendzeitstress anschließen. Aber gute Vorsätze sind deshalb so beliebt, weil sie sich immer wieder verwenden lassen.
Es ist wieder Dezember und ich frage mich: Ja, sind denn alle wahnsinnig geworden? Oder nur ich?
Eigentlich hatte ich mich auf den Tag gefreut. Wirklich! Klar, Dezember ist stressig, aber ich dachte, ein paar spannende Vorträge zum Jahresabschluss – warum nicht? Aber warum um alles in der Welt müssen die Leute immer noch in den letzten Tagen vor Weihnachten ALLES unterbringen? Drei hochkarätige Vorträge, alle am gleichen Tag. Aber gut, ich bin schließlich ein Profi. Früher konnte ich Multitasking – vielleicht geht das ja noch?
Walt Disney hat ja angeblich an drei Schreibtischen gearbeitet, also warum nicht auch ich? Zwei Handys, ein Laptop, der PC und ein strategisch drapierter Notizblock lagen bereit. Es konnte losgehen!
Start mit Hindernissen
Aber dann – klar – schreibt der Kugelschreiber nicht. Kein Drama, dachte ich, bin ja Problemlöserin. Kugelschreiber gewechselt, Problem gelöst. Und rein in die erste Videokonferenz. Nur… warum komme ich nicht in den Raum? Rechts klicken, links klicken, „Hören Sie mich?“, „Sehen Sie mich?“. Ich sehe nichts, ich höre nichts – und sie lassen mich einfach nicht rein.
Na gut, von den drei geplanten Vorträgen schaffe ich immerhin zwei. Multitasking light. Zeit für einen Kaffee!
Doch die Ruhe währt nur kurz. Ich öffne meine Mails und finde eine Nachricht, die den Puls beschleunigt:
„Sorry Frau Burchardt, ich bin nur noch heute da. Wenn noch Anträge fehlen, bitte alles sofort schicken, ich erledige das noch, bevor ich die Abteilung verlasse.“
PANIK! Wenn das nicht heute rausgeht, dann dauert es… na ja, gefühlt Jahre! Meine wunderbaren Mitarbeiter? Im Homeoffice. Keine Zeit, alles zu erklären. Also mache ich es selbst. Zack, Mail raus. Problem gelöst – vorerst.
Es wird nicht ruhiger
Zurück zum Vortrag. Klimaschutzfahrplan, nachhaltige Bauweise, einfacher bauen – spannende Themen! Doch dann klingelt das Telefon.
„Frau Burchardt, es ist ja bald Weihnachten. Ich kann Ihnen noch einen Termin für Ihre Kunden geben, aber nur, wenn morgen spätestens die Zahlung da ist. Ach ja, morgen bin ich nicht da, also übermorgen. Aber sonst geht es nicht.“
Natürlich gibt es noch keine Rechnung. Natürlich wird gezaubert. Und natürlich löse ich das irgendwie – über Landesgrenzen hinweg, versteht sich.
Der Vortrag? Immer noch spannend. Aber dann stürmt es plötzlich an der Bürotür.
„Hallo Frau Burchardt, die Büromöbel kommen jetzt schon. Das ist doch okay, oder?“
Nein, es ist nicht okay. Aber was soll’s – sollen die Möbel halt kommen. Ich höre weiter zu.
Stromausfall und kalte Füße
Doch die Ruhe hält nicht. Das Telefon klingelt Sturm. „Frau Burchardt, wir haben Stromausfall auf der gesamten Baustelle.“
Ein Telefonmarathon beginnt. Lösungen finden, Entscheidungen treffen, alles klären. Der Vortrag läuft nebenbei. Es geht gerade um ressourcenschonende Energiegewinnung. Wie passend, denke ich, während ich die nächste Baustelle managen muss.
Dann fällt auch noch die Heizung aus. Mein Büro gleicht jetzt tatsächlich einem Eisspeicher. Zufälligerweise sprechen sie im Vortrag gerade über eben diesen – als nachhaltige Komponente moderner Energiekonzepte.
Jacke her, Kopfhörer auf, ich ziehe das jetzt durch.
Feierabend mit Hoffnung
Der Tag endet. Multitasking ist eben doch nicht meine Stärke. Ich denke nicht mehr an Erdbeben oder Energiekonzepte. Jetzt hoffe ich einfach nur, dass mein Auto anspringt.
Ciao, bis morgen! 😊
Ihre Regina Burchardt